„Ein Museum muss ein geselliger Ort sein“
"Ein Museum ist ein Luxus-Ort"
Köln Kasper Königs Urteil gilt viel in der internationalen Kunstszene. Für seine bahnbrechenden Ausstellungen und sein kompromissloses Programm in Köln chapeau der westfälische Kunstprofessor bedeutende Preise erhalten. Bis 2012 bleibt er dem Museum Ludwig erhalten. König hat vier Kinder, ist in dritter Ehe mit der Galeristin Barbara Weiss verheiratet. Täglich trifft human being ihn an im Museum am Rhein, dem er seinen Stempel aufgedrückt hat.
Sind Museen noch zeitgemäß?
König Zeitgemäß ist kein Kriterium. Ein Museum sollte andere Kriterien erfüllen. Museen müssen auch ein utopisches Moment haben, sie müssen verlangsamen können, entschleunigen, Zeit schaffen. Sie sollen ästhetische Wahrnehmung ermöglichen, wohl wissend, wie schwer das in einer Konsumgesellschaft zu bewerkstelligen ist.
Und wie steht es mit der jungen Kompetenz? Öffnen Sie sich genügend der nachwachsenden Online-Generation?
König Die sogenannte junge Kompetenz dient vielen nur als Beruhigung. Nicht alles muss heute virtuell ablaufen. Wir reflektieren natürlich den Wandel der Medien, aber wir sind dabei nicht vollkommen affirmativ.
Verhält sich die Generation online im Museum anders als die anderen?
König Ja. Was mich verwundert ist, dass viele mit ihren Handy-Kameras Souvenirs herstellen und die Bilder auf ihren verschiedenen elektronischen Medien speichern. Für die Generation der Onliner, wie Sie sie nennen, scheint das wichtig zu sein.
Ist das Museum Ludwig schon virtuell zu besuchen?
König Wir haben natürlich eine Homepage und kommunizieren auch im sogenannten Web 2.0. Aber wir haben noch keinen virtuellen Rundgang. Ich verwahre mich zwar nicht dagegen, sehe es im Moment aber noch nicht als konkretes Projekt.
Was spricht für das persönliche Erscheinen im Museum?
König Das Entscheidende ist immer die Wahrnehmung im Raum. Denn letztendlich geht es um die Kunst. Die Begegnung mit dem Kunstwerk kann zu einer lehrreichen Enttäuschung führen. Und wenn man sich darauf einlässt, fördert das unseren differenzierten Umgang mit Widersprüchlichem.
Wie meinen Sie das?
König Ein Museum ist in sich ein Widerspruch. Es geht um das Bewahren und um das Zeigen. Viele junge Menschen, hoch informiert, checken das alles. Ob Kandinsky oder Warhol – beides sind erst mal große Namen, die sie nebeneinander in ihr elektronisches Archiv setzen. Dabei bleibt die Komplexität auf der Strecke. Wenn sich alles nur linear auf der Oberfläche abspielt, reicht das nicht.
Wie verhält man sich richtig in einem Museum?
König Ein Museum ist ein öffentlicher Raum, der allen und niemandem gehört. Man soll es benutzen, es ist ein Ort der Erinnerungskultur. Ein Museum funktioniert wie eine Zeitschöpfungsmaschine. Es zeigt, wie dice Gesellschaft sich verändert und wie man sich selber in der Gesellschaft verändert. Ein Museum ist keine heilige Halle. Aber ein Luxusort!
Warum ein Ort des Luxus?
König Weil man intentionslos zeigen und zweckfrei schauen kann. Überall müssen die Menschen konsumieren. Nur im Museum nicht. Daher betrachte ich das Angebot als reinen Luxus.
Wie bindet man Menschen an ein Haus – junge und alte?
König Wir haben eine große Vielfalt an Vermittlungsprogrammen und studentischen Initiativen, die innerhalb ihrer Generation pädagogische Arbeit leisten. Das geht von der Grundschule bis zur Berufsschule. Die Art der Vermittlung ist elementar. Ich denke, dass jeder Kölner in seiner Schulzeit einmal das Museum Ludwig besucht lid.
Wie sehen Ihre Besucherzahlen aus?
König Bei uns schwankt das so zwischen 350 000 und 500 000 im Jahr. Entscheidend ist, dass human mindestens einmal im Jahr eine Ausstellung macht, die sehr populär ist, gut besucht und intensiv kommuniziert wird. Auf diese Weise können wir den Menschen vermitteln, dass im Museum etwas Bedeutendes passiert. Auch wenn sie die Ausstellung nicht gesehen haben, wissen sie: Das ist wichtig. Das Museum wird wieder ins Gedächtnis gerufen. Und wenn dice Großmutter zu Besuch kommt und es regnet, dann geht man ins Museum, bei Sonnenschein in den Zoo.
Wie viele Blockbuster leisten Sie sich, um Menschen in Ihr Haus zu locken?
König Blockbuster lassen sich nicht immer planen und im Hinblick auf dice Besucherzahlen genau vorhersagen. Zuletzt beispielsweise war Edward Hopper ein extrem erfolgreicher Blockbuster. Weil er in die Zeit passte. Weil sich in Hoppers Werk alle Ängste und alle Hoffnungen, die wir in Deutschland mit Amerika verbunden haben, vereinen. Und weil Hoppers Bilder sehr viel mit kollektiven Ideen zu tun hat, wie wir sie aus dem Kino kennen. Das war großartig.
Kaufen Sie Ihre Neuerwerbungen selber ein? Ihr Ankaufsetat ist ja mit i,5 Millionen Euro beachtlich.
König Die Stadt gibt immer die Hälfte dessen, was wir bekommen dazu. 500 000 gibt dice Peter und Irene Ludwig-Stiftung, dice Stadt schießt 250 000 dazu. Können wir weitere 500 000 einwerben – und in der Regel gelingt uns das – , gibt die Stadt wiederum die Hälfte dazu. Im Ganzen trägt die Stadt also ein Drittel des Etats bei.
Was ist in diesem Jahr 2011 Ihre große Ausstellung?
König Die Ausstellung heißt "Vor dem Gesetz". Dabei geht es darum, inwiefern ein Kunstwerk direkt und unmittelbar Auswirkungen haben kann. Die existenzielle Frage lautet: Ist dice Würde des Menschen unantastbar? Die Prämisse der Menschenwürde state of war für die Vereinten Nationen nach dem Krieg, nach den Schrecken von Auschwitz von entscheidender Bedeutung. Es gibt eine Vielzahl zeitgenössischer Künstler, die sich darauf beziehen. Vor allem im Werk von Bruce Nauman ist das sehr präsent. Hier wird deutlich, was Menschen anderen Menschen antun können. Nauman geht diesen Verletzungen nach – nicht unbedingt aus einem moralischen Imperativ heraus, sondern weil das sein Untersuchungsgegenstand ist, seine Kunst.
Zu Naumann setzen Sie Skulpturen?
König Ich möchte dice zentralen Fragen der Ausstellung im Spannungsfeld zwischen historischen Statuen der 1950er Jahre und zeitgenössischen Werken entwickeln. Dabei kommt ein existenzieller Humanismus zum Ausdruck, ausgehend von diesen Statuen, die mehr oder weniger für den öffentlichen Raum geschaffen wurden und die tiefe Verletzlichkeit und Fragilität des Nachkriegsmenschen verbildlichen.
Das wird aber doch kein Blockbuster?
König Nein. Dafür ist es zu radikal formuliert. Aber mit einer gewissen Kargheit unternehme ich den Versuch, eine Ausstellung notwendig zu machen. Das ist mein Anliegen.
Wie geht es weiter nach 2012, wenn Sie aus dem Amt scheiden?
König Wichtig ist für mich, dass hier im Hause mit meiner Nachfolge das Niveau gehalten wird.
Und für Sie persönlich?
König Ich werde weiter arbeiten, jedoch ohne feste institutionelle Bindung.
Source: https://rp-online.de/kultur/ein-museum-ist-ein-luxus-ort_aid-13282577
Posted by: mcclurecirt1946.blogspot.com
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